Derzeit beschäftigt alle demokratischen Parteien im Bundestag die schwierige Frage, wie man eigentlich mit Rechtspopulist_innen und Rechtsextremen im Parlament umgehen soll. Die Debatte um den von der AfD aufgestellten Kandidaten Albrecht Glaser, der zum Vizepräsidenten des Bundestags gewählt werden wollte, zeigt: die Partei sucht die Provokation, gleichzeitig nötigt sie die demokratischen Kräfte im Parlament, sich zu positionierten. Hier einen Umgang zu finden, der das Dilemma von Opferinszenierung der AfD auf der einen und deutlicher Reaktion der Parteien auf der anderen Seite auflöst, ist für die Parlamentarier_innen eine große Herausforderung. Dabei gibt es aus den Landesparlamenten, in denen die AfD teilweise seit Jahren sitzt, schon viel Erfahrung und Beispiele für souveräne Reaktionen auf den Rechtsruck.
Eine neue Handreichung des Bundesverbands Mobile Beratung e.V. gibt jetzt – aufbauend auch auf den Erfahrungen aus den Ländern – konkrete Tipps zum Umgang mit der AfD und anderen Rechtspopulist_innen. Die Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus aus allen 16 Bundesländern haben ihre Erfahrungen und Beobachtungen gesammelt und ausgewertet. Herausgekommen sind 36 Seiten voller praktischer Anregungen zum Handeln.
Drei entscheidende Ratschläge haben die Expert_innen aus der Zivilgesellschaft:
- Es braucht eine gemeinsame Verständigung möglichst vieler demokratischer Parteien über den Umgang mit der AfD in den Gremien. Nur gemeinsam kann die Zurückweisung diskriminierender Positionen glaubhaft funktionieren.
- Notwendig ist, die Auseinandersetzung nicht beim bloßen Skandalisieren zu belassen, sondern immer konkret und nachvollziehbar zu erklären, worin das Problematische von rechtspopulistischen und rechtsextremen Parolen besteht und wie die Konsequenzen einer solchen Politik aussehen würden. Es muss verständlich kommuniziert werden, warum sie keine Lösungsansätze für gesellschaftliche Problemlagen darstellen, sondern vielmehr auf eine drastische Verschlechterung der Verhältnisse hinauslaufen.
- Demokratische Parlamentarier_innen und Kommunalpolitiker_innen sollten sich immer aktiv schützend vor diejenigen Menschen stellen, die durch rechtsextreme und rechtspopulistische Propaganda angefeindet werden. Viele dieser Menschen stellen auch ein Potenzial dar, das für die Verteidigung der Demokratie aktiviert werden kann.
„Man muss nicht über jedes Stöckchen springen, aber der wichtigste Grundsatz bleibt: Ausgrenzung, rassistischen Thesen und völkischer Rhetorik muss widersprochen werden, damit sie nicht zur Normalität wird“, sagt MBR-Projektleiterin Bianca Klose. „Anstatt politische Inhalte des Rechtspopulismus zu übernehmen, müssen wir unsere demokratischen Werte verteidigen und solidarische Alternativen aufzeigen.“
„Die Erfahrungen der Mobilen Beratung zeigen: Rassismus, Nationalismus und Chauvinismus bringen Haltungen und Handlungen hervor, die Rechtspopulisten und damit ein Klima von Bedrohung und Übergriffen stärken“, betont Grit Hanneforth, Sprecherin des Bundesverbands Mobile Beratung (BMB). „Deshalb sind eine argumentative Zerlegung von rechtspopulistischer Rhetorik einerseits und Empathie mit Diskreditierten und Angegriffenen anderseits hier zwei Seiten einer Medaille.“
Die Broschüre „Wir holen uns unser Land und unser Volk zurück – Empfehlungen zum Umgang mit rechtspopulistischen Parteien in Parlamenten und Kommunen“, entstand in Kooperation mit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) und dem Kulturbüro Sachsen e.V.. Sie wird heute per Post an alle demokratischen Abgeordneten im Bundestag und an die Fraktionsvorsitzenden in den Landtagen verschickt.
Bei Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:
BMB-Sprecherin Grit Hanneforth, Hanneforth[ät]Bundesverband-Mobile-Beratung.de
Telefon: 0351 500 54 16
MBR-Projektleiterin Bianca Klose, Bianca.klose[ät]mbr-berlin.de | Telefon: 030 817 985 810
Die Broschüre als Download finden Sie hier: http://www.bundesverband-mobile-beratung.de