Demokratie ist Veränderung. Und auch vor dem Kulturbüro Sachsen e.V. machen Veränderungen keinen Halt. Zum 31. August 2023 verabschiedet sich unsere hoch geschätzte Geschäftsführerin Grit Hanneforth vom Kulturbüro Sachsen e.V. .
Auf der 8. Jahreskonferenz des Demokratie-Zentrums Sachsen dankte die Sächsische Staatsministerin Petra Köpping unserer Geschäftsführerin Grit Hanneforth für ihr langjähriges Engagement.
An dieser Stelle richtet Grit Hanneforth nun ihren Abschiedsgruß und Dank an die vielen Menschen in Sachsen, die über 22 Jahre an unserer Seite waren, uns unterstützt haben und die wir begleiten durften:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freund*innen,
„uns interessiert Veränderung!“, aus der eine emanzipatorische Gesellschaft weiter erwachsen kann. Von Beginn an leitete diese Vision unsere Überlegungen, unser Handeln und unsere Entwicklungen im Kulturbüro Sachsen e.V.. Diesem Motto fühle ich mich auch persönlich eng verbunden und gestalte es in diesem Jahr für mich mit einer beruflichen Veränderung aus. Das Kulturbüro Sachsen startete am 1. Juni 2001 mit der Mobilen Beratung, und ich hatte das Privileg zur Gründerinnengeneration zu gehören. Im letzten Jahr hatten wir unser 20-Jähriges Jubiläum mit einem großen Fest mit Partnerinnen und Freundinnen in Dresden nachgeholt. In den letzten Jahren habe ich mir ab und an die Frage gestellt, wann für mich ein guter Zeitpunkt ist, die Geschäftsführung des Kulturbüro Sachsens weiter zu geben und mich in dem letzten Abschnitt meiner Berufsbiographie noch mal anderen Dingen zuzuwenden. Ich habe es mir nicht leichtgemacht. Doch zu diesem Zeitpunkt fühlt es sich nun stimmig an. Das Kulturbüro ist mit seinen kompetenten Kolleginnen in Sachsen hoch anerkannt und man weiß, was man bekommt, wenn man sich mit einer Beratungsanfrage an uns wendet. Die Zeiten, in denen die Mitarbeiterinnen am Jahresende aufgrund fehlender Förderperspektiven nicht wussten, ob es im Januar für das Kulturbüro weitergeht, sind vorbei und ich hoffe, dass das so bleibt. Mit seinen Analysen, Fortbildungsangeboten und seinem Beratungsangebot ist das Kulturbüro an den Themen der Zeit und damit ein wichtiger Seismograph für aktuelle Entwicklungen im Bundesland Sachsen. Ich kann das, was wir gemeinsam in diesen Jahren aufgebaut haben, guten Gewissens und mit Freude weitergeben, auf dass es sich perspektivisch gut weiterentwickelt. In den 90er Jahren war das politische Klima in vielen sächsischen Orten und Regionen geprägt von der Dominanz von Neonazistrukturen, Kameradschaften und rechten Übergriffen bis hin zur Entwicklung von Angstzonen, in denen sich nicht-rechte Personen und Migrantinnen nicht zutrauten, sich frei zu bewegen. Solche Strukturen reichten bis hin zu rechten Terrorgruppen, wie dem NSU oder den 2001 vom sächsischen Innenministerium verbotenen „Skinheads Sächsische Schweiz“, die bis über die Mitte der 2000er Jahre in Sachsen weiter aktiv und gefährlich blieben. So war auch der Beginn unserer Arbeit geprägt von Diskreditierungen und Ablehnung unserer Arbeit. Erfreulicherweise ist das heute grundlegend anders und war nur möglich mit den Vielen in Sachsen, die an unserer Seite waren, die uns unterstützt und die wir begleitet haben. Deshalb geht mein Dank an:
Die Initiativen, Vereine und Institutionen in Sachsen, mit denen das KBS in den vergangenen 22 Jahren eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet hat, die auf unsere Kompetenz vertraut haben und uns dabei in unserer Arbeit ermutigt und als Partnerinnen gesehen haben. Die vielen Bürgermeisterinnen und Landräte in Sachsen, die in schwierigen und oft emotional aufgeladenen Diskursen in ihren Kommunen auf die Beratung durch das Kulturbüro Sachsen setzten und ihren Amtskolleginnen von gelungenen Prozessen berichten konnten. Viele Politikerinnen im Land, auf regionaler und kommunaler Ebene, die mit dem Kulturbüro Sachsen gemeinsam an der Umsetzung unseres Verfassungsauftrags arbeiteten, ein politisches Klima zu stärken, das auch künftige Generationen ermutigt, im Bundesland zu bleiben und demokratisch zu stärken. Unseren Vorstand, der in den Höhen und Tiefen der vergangenen 22 Jahre stets vertrauensvoll an unserer Seite war und mir ein wertvoller Reflexionsraum und Rückenstärkung war. Unseren Beirat, der in diverser Besetzung mit tiefgreifenden fachlichen Debatten stets die inhaltliche Entwicklung des Kulturbüro Sachsen begleitet hat. Insbesondere gilt mein Dank und meine Wertschätzung all denen, die als migrantisch gelesene Personen in Sachsen leben und vorhaben, das auch weiterhin zu tun. Ich kann nicht ermessen, was es heißt, täglich beleidigt, diskreditiert oder sogar angegriffen zu werden. Ich kann aber sagen, dass das Kulturbüro Sachsen auch künftig alles tun wird, dass sich die weiße deutsche Mehrheitsgesellschaft in Sachsen Rassismus widersetzt und solidarisch an die Seite migrantisierter Menschen stellt.
Für mich war es Herausforderung und Privileg zugleich, quasi aus dem Nichts mit vielen Mutigen und Engagierten das Kulturbüro Sachsen aufzubauen, es durch Untiefen und vorbei an Klippen der sächsischen und bundesweiten Politik steuern zu dürfen und damit sächsische Demokratie zu gestalten. Dies habe ich gerne getan und es hat mich nicht nur beruflich, sondern auch persönlich geprägt und wachsen lassen. Dafür bin ich dank¬bar. Aber vor allem bin ich dankbar, in den letzten 22 Jahren so engagierte Mitarbeiter*innen und Vorstandsmitglieder gehabt zu haben, die es auch für mich nie an Anerkennung und Wertschätzung haben vermissen lassen. So wusste ich jeden Tag, hier bin ich gerne und hier bin ich richtig. Das alles kann ich jetzt mit einem ebenso guten Gefühl loslassen. Es ist mir eine sehr große Freude mitzuteilen, dass Michael Nattke ab September 2023 die Geschäftsführung im Kulturbüro Sachsen übernimmt. 14 Jahre lang hat er als Fachreferent die Entwicklung unseres Vereins bereits mitgestaltet. Das Kulturbüro Sachsen hat mit Michael Nattke als neuem Geschäftsführer Kontinuität und vor allen eine Person, die fachlich tief in sächsischen Themen verankert ist und von Politik, Verwaltung und menschenrechtsorientierten Initiativen im Land geschätzt wird. Ich bleibe als Geschäftsführerin des Bundesverbands Mobile Beratung dem Arbeitsfeld treu und mit dem Kulturbüro eng verbunden. Wandlungs- und Adaptionsfähigkeit sowie Fehlerfreundlichkeit sind die Eckpfeiler der Arbeit im Kulturbüro Sachsen, die mich stets an unsere Resilienz haben glauben lassen. Vielleicht ist ein Satz, den ich in einem Film gefunden habe, eine gute Beschreibung für uns:
Wir machen keine Fehler, denn die Fehler machen uns, Sie machen uns klüger, menschlicher, verletzlicher und wahrhaftiger.
Auch damit kann die demokratische Kultur in Sachsen gedeihen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns Mut, Energie und auch Gelassenheit für die Herausforderungen der Zukunft.
Wir sehen uns sicher irgendwo in Sachsen. Bleiben Sie uns gewogen.
Herzliche Grüße, Grit Hanneforth,
Geschäftsführerin
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