Fallbeispiel MBT-Regionalbüro Mitte-Ost

Beratung und Begleitung der AG Asylsuchende im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Häufig werden in den sächsischen Regionen im Zusammenhang mit menschenfeindlichen Einstellungen und Handlungen ausschließlich (Neo)Nazis – deren Aktivitäten, oft sogar nur deren Straf- und Gewalttaten – in den Blick genommen. Nicht erst seit den Studien von Brähler/Decker und Heitmeyer ist es uns wichtig, den Blick in die gesellschaftliche Mitte zu richten und weit verbreitete Phänomene wie z.B. Alltagsrassismus und Islamfeindlichkeit zu thematisieren und mitzuhelfen, den davon Betroffenen Stimme und Gesicht zu geben.

In der Vergangenheit unterstützten wir als MBT Projekte der Bürgerinitiative „Afroeuropäische Familien und Freunde in der Sächsischen Schweiz“ und Aktivitäten von Vereinen in den Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende des Landkreises. Zunächst ging es vorrangig darum, soziale Kontakte zu ermöglichen, zum Beispiel in Form von Sommerfesten, Weihnachtsfeiern und Begegnungsabenden. Politische Forderungen spielten erst in Auswertung des Tages des Flüchtlings 2007 eine Rolle. Auf Grund der besonders schwierigen Lage der Asylsuchenden im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge regten wir die Bildung der AG Asylsuchende an. Während andernorts Flüchtlinge bereits Bargeld bekamen, wurden die Betroffenen im Landkreis immer noch nach dem Sachleistungsprinzip mit Essenspaketen versorgt. Außerdem stand der Landkreis bezüglich dezentraler Unterbringung von Flüchtlingen sachsenweit mit 0% an letzter Stelle. (Quelle: Jahresbericht 2007, Sächsische Ausländerbeauftragte. Ausgegeben am 25.02.2012).

Ausgehend von dieser Situation beschrieb die AG folgende Ziele:

  • Bargeldleistungen für Flüchtlinge anstelle der unmündig machenden Sachleistungen
  • Vorrangige dezentrale Unterbringung vor allem für Familien mit Kindern und psychisch Erkrankte
  • Einrichtung eines Deutschkurses für die Asylsuchenden im Heim durch ehrenamtliches Engagement
  • Öffentlichkeit für die Situation Asylsuchender herstellen
  • Sensibilisierung für die Themen Flucht und Migration

In den letzten Jahren konnten, begleitet von intensiver Öffentlichkeitsarbeit, deutliche Verbesserungen erreicht werden:

  • Abschaffung der Sachleistungen
  • Familien sind dezentral untergebracht
  • Angebot von regelmäßigen Deutschkursen über einen Zeitraum von 1,5 Jahren
  • stärkere Sensibilisierung für die Thematik

Heute besteht die AG Asylsuchende aus Vereinen und Initiativen wie dem Alternativen Kultur- und Bildungszentrum Sächsische Schweiz e.V., der Opferberatung der RAA, dem Sächsischen Flüchtlingsrat e.V., der Landeskirchlichen Gemeinschaft e.V., dem Kulturbüro Sachsen e.V., der Freien Evangelischen Gemeinde Pirna sowie Einzelpersonen. Diese treffen sich regelmäßig, planen Veranstaltungen, bereiten Gespräche mit Verwaltung und Kreistageabgeordneten vor und machen auf Missstände aufmerksam.

Die AG hat mit unserer Unterstützung aktiv Öffentlichkeit zum Integrationskonzept des Landkreises hergestellt und wird dessen Umsetzung weiter kritisch begleiten.

Neben der Moderationsrolle in der AG Asylsuchende sprechen wir als MBT Themen wie Alltagsrassismus und Menschenrechtsorientierung an. Wir versuchen, diesen Themen Platz in den politischen Gremien und in der Öffentlichkeit zu verschaffen.

Die AG Asylsuchende ist durch die Mitarbeit des Kulturbüro Sachsen e.V. in die Erarbeitung eines Konzeptes zur Unterbringung Asylsuchender auf Landkreisebene vertreten. Dabei geht es uns besonders um die Verbesserung der sozialen Betreuung der Asylsuchenden und um das Einbringen von Handlungsempfehlungen für Kommunen, Vereine und Kirchgemeinden.

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